29. MAI – 2. JUNI IN INNS­BRUCK/TIROL

Unter „Zugzwang“

Der Österreichische Schachbund (ÖSB) konnte in den letzten Jahren ein professionelles Umfeld aufbauen und viele spannende Projekte umsetzen. Der Output kann sich sehen lassen. 2024 wird der ÖSB zum bereits dritten Mal die Österreichischen Staatsmeisterschaften im Blitz- bzw. Schnellschach im Rahmen der Sport Austria Finals powered by Österreichische Lotterien austragen. Der Wechsel von Graz nach Innsbruck kommt dabei wie gerufen, feiert doch der Landesverband Tirol sein 75-Jahr-Jubiläum.

„Wir sind ein kleines Bundesland mit einer starken Spitze. Quantitativ haben wir sicherlich noch Luft nach oben. Uns freut es, dass wir in unserem Jubiläumsjahr die Sport Austria Finals zu Gast haben. Es werden rund 40 regionale Spieler:innen dabei sein“, verrät Ina Anker, Präsidentin des Tiroler Landesverbandes. Vor ziemlich genau 14 Jahren wurde in Tirol von Karin Schnegg ein eigener Jugend-Wettbewerb ins Leben gerufen und so die Weichen für die Zukunft gestellt. Ziel war es, die Kinder zu fördern und zu versuchen, die geforderten Wertungszahlen schneller zu erreichen, sodass der Umstieg vom Schulschach in das normale Schach smarter vonstattengeht. „Vor Corona hatten wir 60 Kinder, jetzt haben wir 45. Es muss wieder wachsen, das braucht Zeit. Geografisch ist das bei uns schwer, da Osttirol aufgrund der Nähe in Kärnten angedockt ist und auch einige Kinder in Vorarlberg spielen. Dafür kommen einige aus Deutschland zu uns. Die Kinder spielen somit über die Grenzen hinaus.“

Pandemie als Online-Treiber

Während viele Sportarten aufgrund der Corona-Pandemie stillgelegt wurden, hat der Schachsport einen richtigen Online-Boom ausgelöst. Mitverantwortlich war sicherlich auch die Netflix-Serie „Das Damengambit“. „Wir haben in dieser Zeit sehr davon profitiert. Es hat sich eine neue Szene aufgetan und eine nicht vorhersehbare Dynamik entwickelt. Schach ist kein Magnet für ein Publikum vor Ort, hat aber von der Digitalisierung profitiert. Wir füllen bei den Liveübertragungen unserer Meisterschaften ein virtuelles Stadion mit 4.000 bis 5.000 Zusehenden. International werden bei großen Events, wie bei einer WM, Online-TV-Studios eingesetzt, die das Geschehen anschaulich begleiten“, berichtet ÖSB-Generalsekretär Walter Kastner. Anker ergänzt: „Auf der einen Seite ist diese Entwicklung ein Segen, aber gleichzeitig auch ein Fluch. Es ist oftmals schwer, die Leute zu motivieren oder sie zu einem Klubabend zu bekommen.“

Eine, die der Online-Entwicklung nicht viel abgewinnen kann, ist Anna-Lena Schnegg: „Ich spiele bevorzugt Face-to-Face und mag es lieber, die Figuren in der Hand zu halten, als nur mit einer Maus auf die Felder zu klicken. Beim Schulschach sind viele Kinder mit Freude dabei, das zeigt mir, dass wir eine positive Zukunft haben.“ Auch wenn die 25-jährige Tirolerin aktuell ihren Lebensfokus auf die Musik legt, findet sie viele Synergien: „Ich vergleiche Schach gerne mit dem Spielen von Jazz am Klavier: Es gibt so viele Möglichkeiten, die einem nie ausgehen. In der Musik ist ein hohes Maß an Kreativität gefragt, das hilft sicherlich auch im Schach.“

Tirol als Veranstaltungsbundesland

Die Bemühungen in Tirol, große Events auszutragen, sind da. So konnten in der Vergangenheit beispielsweise der Mitropacup (2015) und zwei Vereins-Europacups (2006, 2022) erfolgreich im Zillertal umgesetzt werden. Nun wartet mit den Bewerben der Sport Austria Finals powered by Österreichische Lotterien ein weiteres Highlight in der 75-jährigen Tiroler Verbandsgeschichte. „Blitz- bzw. Schnellschach haben sich bei den Sport Austria Finals gut etabliert. Wir hatten bislang zwei tolle Events, vor allem das im Grazer Kongress war phänomenal. Mit unserem Präsidenten Michael Stöttinger haben wir nun einen Marketing-Profi im Team. Er legt großen Wert darauf, den Schachsport attraktiver zu präsentieren“, erklärt Kastner. 

Ein Fakt, der auch dem Tiroler Schach-Aushängeschild Fabian Platzgummer, der nicht nur den Titel Internationaler Meister trägt, sondern auch über zwanzig Landesmeistertitel gewinnen konnte, gefällt: „Ich sehe Schach als Sport, Kunst und Wissenschaft. Die Kombination dieser Perspektiven macht Schach für mich so reizvoll. Ich habe zwar nicht mehr die Praxiserfahrung, die ich schon einmal hatte, aber ich möchte vorne mitspielen. Tirol kann sich über talentierten Nachwuchs freuen, der die Konkurrenz in den nächsten Jahren immer mehr beleben wird. Wichtig ist, dass sie Rückschläge wegstecken und dranbleiben. So kommen sie nach ganz oben.“

International auf Tuchfühlung

Auch auf den internationalen Brettern müssen sich die heimischen Schach-Asse nicht verstecken und können die großen Nationen ärgern – das hat man bei der letzten Team-EM gesehen: „Mir ist es wichtig, hervorzuheben, dass unsere Männer-Nationalmannschaft in der offenen Klasse auf einem sehr hohen Niveau spielt. Wir sind in der Lage, jedes Team zu fordern und auch gegen Top-10-Nationen zu punkten. Auch bei den Frauen ist viel möglich, wie ein 9. Platz bei der Team-EM 2015 gezeigt hat. Wir sind auf einem guten Level, haben aber noch Luft nach oben“, sagt der ÖSB-Generalsekretär, dem auch und vor allem die Nachwuchsförderung ein großes Anliegen ist. Die rot-weiß-roten Spieler:innen sollen auf ihrem Karriereweg intensiv begleitet werden. Ziel ist es, dass die Talente früh Titel einfahren – so wird die ansprechende Verbandsarbeit am besten dokumentiert und die persönlichen Erfolge sind eine Motivationsspritze für die nächsten Schritte.

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