Ob Helmut Ruetz bei der Namensgebung seiner Tochter schon eine Vorahnung hatte, dass sie einmal im Rennrodeln landen würde? Die Wettquoten wären angesichts seiner eigenen – sehr erfolgreichen – Rodel-Karriere wohl nicht allzu hoch gewesen. Jedenfalls haben Mama und Papa Ruetz einen äußerst idealen Namen gewählt, passt er doch perfekt zu dem, was Riccarda nun hauptberuflich macht.
Denn Riccarda ist die spanische Form von Richarda und bedeutet so viel wie kühn, stark, mutig und entschlossen. Alles Eigenschaften, die man beim Naturbahnrodeln auf jeden Fall mitbringen sollte. Und wenn man dann auch noch das familiäre Talent mitbringt, ist der Erfolg fast vorprogrammiert.
Bei Juniorinnen und Erwachsenen stark
Apropos Erfolge: Von denen hat die erst 20-Jährige mittlerweile schon einige eingeheimst. Erst im Februar kürte sich die Tirolerin auf der Winterleiten zum zweiten Mal zur Junioren-Weltmeisterin – in souveräner Manier mit 1,54 Sekunden Vorsprung. „Es ist lässig, wenn man die ganze Saison über gut fährt, aber die WM ist natürlich ein ganz eigenes Rennen. Da muss man die Nerven haben und ich habe es ins Ziel gebracht“, jubelte das Rodel-Ass nach dem WM-Coup.
Dass Ruetz immer noch bei den Juniorinnen mitfährt, ist einzig ihrem Alter geschuldet – leistungsmäßig ist sie längst eine Große und hat das spätestens in der abgelaufenen Saison eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Im Gesamtweltcup musste sie sich nur Dominatorin Evelin Lanthaler (ITA) geschlagen geben, war aber mit Platz zwei beste Österreicherin. „Es war wirklich stark, was Riccarda abgeliefert hat. Sie ist aktuell unser Zugpferd und hat sich hinter Lanthaler ganz klar als Nummer zwei etabliert. Und das, obwohl sie in diesem Winter ja auch noch als Juniorin unterwegs war und auch dort Top-Leistungen gezeigt und nahezu alles gewonnen hat“, freut sich ÖRV-Sportdirektor Gerald Kammerlander.
Rückstand auf die Dominatorin wird kleiner
Ruetz selbst war mit ihrer Saison auch mehr als zufrieden und sieht den Rückstand auf Lanthaler immer kleiner werden. „Aber wenn’s drauf ankommt, ist sie immer die Spur besser. Ich muss weiterarbeiten, am Material noch tüfteln und hoffen, dass ich da bin, wenn sie einen Fehler macht.“
Auch Kammerlander glaubt, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis Ruetz – zumindest immer wieder – an der Italienerin vorbeizieht. „Evelin war in Riccardas Alter auch noch nicht die Überfliegerin. Riccarda ist für ihr Alter schon sehr weit und aus meiner Sicht die Erste seit langem, die Evelin wirklich gefährlich werden kann.“
Körperlich und technisch fehle nicht viel, bei der Erfahrung naturgemäß schon. „Evelin hat bei gewissen Strecken einfach zehn Jahre Vorsprung. Aber das wird jedes Jahr besser bzw. der Vorsprung etwas geringer. Ich denke, dass Riccarda nächste oder übernächste Saison so weit sein wird, dass sie Evelin wirklich herausfordern kann“, so Kammerlander.
Rennpferd statt Trainingsweltmeisterin
Zumal der Sportdirektor, selbst ehemaliger Weltklasse-Naturbahnrodler, beim Youngster noch Verbesserungspotenzial sieht. Gerade was das Training betrifft, wo Ruetz nicht immer voll ans Limit geht. Dafür kann sie im Rennen dann immer einen drauflegen. „Das ist von Riccarda so eine Eigenheit. Es gibt Sportlerinnen, die sind im Training oft besser, die sogenannten Trainingsweltmeisterinnen. Und es gibt Sportlerinnen, die im Training irgendwie rumfahren, aber wenn es im Rennen darauf ankommt, sind sie da. Aus meiner Sicht wäre bei Riccarda im Training noch Luft nach oben, aber sie kann zulegen, wenn sie muss – ein richtiges Rennpferd eben!“
Und dieses Rennpferd will auch im Sommer richtig Gas geben. Bei den Sport Austria Finals powered by Österreichische Lotterien geht sie als Titelverteidigerin an den Start und will bei ihrem Heimspiel am Bergisel natürlich erneut jubeln. „Gewinnen will man immer! Ich habe zur Tina (Anm.: Team- und Zimmerkollegin Unterberger) nach Saisonende schon gesagt, dass wir uns im Sommer bei den Sport Austria Finals wieder sehen. Wir sind beide topmotiviert und werden fleißig trainieren. Dann sehen wir, wer die Schnellere ist“, grinst Ruetz, die ihren Heimvorteil nützen will.
„Daheim zu fahren bedeutet, dass ein Haufen Leute kommen werden, um mich anzufeuern. Das pusht natürlich nochmal mehr!“ Am Donnerstag (Doppelsitzer ab 10 Uhr, Einsitzer ab 12:30 Uhr) kann Ruetz wieder zeigen, warum sie als Rennpferd bezeichnet wird.