Peter Schnegg ist im Orientierungslauf eine lebende Legende. „Das ist wahrscheinlich ein bisschen übertrieben“, antwortet der Tiroler bescheiden. „Aber ich bin schon lange dabei.“
Als Kartenzeichner ist er jener Mann, der die Grundlage für die OL-Bewerbe legt. „Das ist mit viel Zeitaufwand verbunden. Ich bin aber schon etwa 40 Jahre beim Orientierungslauf dabei, als Aktiver und als Kartenzeichner. Seit ich in Pension bin, zeichne ich vermehrt Karten.“
Als „Kartenchef“ des HSV Absam hat er auch bei den Sport Austria Finals powered by Österreichische Lotterien in Innsbruck seine Finger im Spiel. Für die Österreichische Mannschafts-Meisterschaft (1. Juni) zeichnete er die Karte – und ist damit bereits seit einem halben Jahr mit dem Bewerb beschäftigt.
Jeder Quadratmeter wird abgegangen
Denn der Job als Kartenzeichner ist aufwendig. „Zuerst einmal muss man ein interessantes Gebiet finden. Dann muss man alles mit Grundeigentümern und Genehmigungen klären, auch das gehört dazu. Dann besorgt man sich die nötigen Unterlagen, von Luftbildern bis zum digitalen Höhenmodell – meistens kommt das vom Land. Mit einem Zeichenprogramm kann man dann Geländeprofile erstellen.“
Dann wird es Zeit, selbst ins Gelände zu gehen. „Dort schaut man sich in der Natur alles an, passt es an und notiert alle Auffälligkeiten“, so Schnegg. „Steige und kleine Wege muss man teilweise selbst vermessen. Außerdem muss man die Gegebenheiten beachten: Wo ist dichter Wald, wo geht es gut zu laufen – das wird mit Farben dargestellt.“
Kartenzeichner sind detailverliebt, so auch Schnegg: „Vor einem Bewerb muss jeder Quadratmeter abgegangen werden und jeder Stein, der über Kniehöhe ist, eingezeichnet werden.“
Vier Augen sehen mehr
Diese Karte muss dann noch zertifiziert werden, meistens erledigt das der Verband. Zusätzlich kommt dann noch der Bahnleger ins Spiel, der den Kurs und die Kontrollposten festlegt. „Das sollte immer jemand anderer sein, weil als Kartenzeichner ist man voreingenommen. Ein Bahnleger ist objektiv.“
Da Kartenzeichnen mit einem derart großen Zeitaufwand verbunden ist, setzen viele Vereine auf ausländische Unterstützung. „Viele beschäftigen Leute aus Ungarn oder der Ukraine, weil so bei den enorm vielen Stunden einfach viel billiger sind.“ Auch deshalb ist Klaus Zweiker, Obmann des HSV Absam, stolz auf seinen „Kartenchef“.
Die bittere Nachricht: Eine Karte kann in der Regel nur einmal werden. „Für lokale Bewerbe oder Trainings kann man sie öfter hernehmen, aber für große Bewerbe einmal.“
Bei den Sport Austria Finals powered by Österreichische Lotterien wurde der Tiroler von Franz Riegler unterstützt. „Er ist Doktor der Geographie, und immer dabei. Früher war er Lehrer an der Hochschule, jetzt ist er wie ich in Pension. Ohne ihn könnte ich das wahrscheinlich nicht machen.“
„Karte des Jahres“ 2022
Einen „Heimvorteil“ gibt es im Orientierungslauf nicht. Schnegg: „Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass man keine Informationen weitergibt, auch nicht an Vereinskollegen. Die sportliche Fairness wird in unserer Sportart eingehalten.“
Als Kartenzeichner ist Feedback sehr wichtig. Umso größer war die Freude, als Schnegg vom Österreichischen Fachverband für Orientierungslauf (ÖFOL) 2022 mit der „Karte des Jahres“ ausgezeichnet wurde. Hierbei stimmen Athlet:innen und Expert:innen ab, die bestbewertete Karte gewinnt. „Siegerkarte“ Schneggs Karte aus Hall in Tirol.
Vielleicht gelingt dieses Kunststück ja auch mit der Finals-Karte in diesem Jahr. Wie Peter Schnegg die Mannschafts-ÖM verbringt, für die er die Karte gezeichnet hat? „Man wartet im Zielbereich und hofft, dass die Leute ins Ziel finden und zufrieden sind“, spricht er eine „gewisse Anspannung“ an. „Wobei ich bei den Finals als Zeitnehmer eingespannt und dadurch etwas abgelenkt bin.“