Wenn man Bernhard Haider zuhört, dann merkt man schnell: dieser Mann braucht keine großen Bühnen, um Eindruck zu machen. Er braucht bloß eine Dartscheibe, ein Ziel – und ein bisschen Platz zum Werfen. Denn was den 44-Jährige bewegt, ist nicht der Applaus, sondern der sportliche Anspruch an sich selbst. Einer, der lieber spielt als zuschaut. Einer, der Dinge anstößt, wo andere noch zögern.
Seit seinem Unfall im Jahr 2006 ist der Oberösterreicher beinamputiert – und genau das hat ihn später zum Para-Darts geführt. Nicht, weil er Mitleid wollte, sondern weil er zeigen wollte, was alles geht. Und das tut er. Mit Nachdruck. „Ich schaue mir keine Darts-Spiele im Fernsehen an, da ist mir die Zeit zu schade – ich spiele lieber selbst“, sagt Haider. Ein Satz, der ihn gut beschreibt: selbstbestimmt, direkt, mit einem klaren Fokus auf das Wesentliche.
Von der Wirtshauslust zur Weltbühne
Vor über 25 Jahren hat alles begonnen – ganz klassisch im Wirtshaus. Ein bisschen werfen, ein bisschen Spaß, und irgendwann wurde daraus viel mehr. Heute ist Bernhard Haider Obmann des Vereins „Schmutzige Spieler Wolfern“, der längst mehr als nur Hobby bedeutet. Über die Jahre wurde aus einem belanglosen Wurfspiel ein Leistungssport.
Und irgendwann kam der Zeitpunkt, als Präsident des Oberösterreichischen Dartsverbandes, Daniel List, ihm den Einstieg in die Para-Darts-Szene und ins internationale Geschehen schmackhaft gemacht hat. Es ging sofort rasant bergauf: Finaleinzug beim ersten Turnier in Budapest (HUN) und somit gleich Qualifikation für die „Target World ParaDarts Masters and World Championships 2024“. Und beim Masters, einem der drei wichtigsten Turniere weltweit, war Haider Finalist. Er hat geliefert. Und das nicht nur einmal.
Grenzen verschieben – im Spiel und darüber hinaus
Im Stehen zu werfen, ist für Bernhard Haider eine Herausforderung. „Ich stehe beim Wurf fast nur auf einem Bein. Stabilität ist da nicht selbstverständlich und stellt mich schon mal vor Herausforderungen.“ Dennoch behauptet er sich nicht nur im Para-Darts, sondern tritt auch bei den allgemeinen Herrenbewerben an – und zwar mit Erfolg. Dabei ist er nicht nur Spieler, sondern auch Motivator, Netzwerker, Wegbereiter. Durch ihn sind mittlerweile weitere Spieler:innen zum Para-Darts gestoßen. Und was 2021 noch als Idee in einer Schublade des Österreichischen Darts Verbandes schlummerte, ist heute Realität: Erstmals gibt es bei den Sport Austria Finals powered by Österreichische Lotterien in Innsbruck einen eigenen Para-Darts-Bewerb, ein weiterer wichtiger Meilenstein. Haider: „Es ist cool, da von Anfang an dabei zu sein und das mit aufzubauen. Ich gehe meinen Weg und es ist schön, wenn ich andere Menschen inspirieren und mitreißen kann.“

WM-Traum und World Cup-Vision
Was ihn antreibt? „Ganz klar: einmal Weltmeister werden. Und beim nächsten World Cup 2026 mit einem österreichischen Team an den Start gehen – mit jeweils zwei stehenden Spielern und zwei Rollstuhlfahrern. Das wäre das große Ziel.“ Derzeit ist Haider in seiner Kategorie unter den Top-10 der Welt – trotz Vollzeitjob als technischer Leiter im Maschinenbau, Familie, Hausumbau und Vatersein. „Es sind schon sehr viele Themen, aber ich muss ehrlich sagen: Ohne meiner Ehefrau, die mich seit Jahren unterstützt und den Rücken freihält, wäre das alles nicht möglich.“ Nachsatz: „Die anderen spielen fast hauptberuflich – ich werfe nach Feierabend“, sagt er trocken. Und trotzdem hält er mit. Und mehr als das.
19er-Maschine mit Steher-Qualitäten
Dartspieler haben oft ihre Vorlieben. Bei Bernhard Haider ist es die 19. „Ich werde oftmals die 19er-Maschine genannt, weil ich dort wirklich sehr treffsicher bin. Aber ich versuche mich natürlich im Training auch am 20er und den anderen wichtigen Zahlen zu fokussieren“, sagt der 44-Jährige mit einem Grinsen. Seine größte Stärke: Gelassenheit. Ob Double-16 oder Bullseye – er wirft, was eben gerade gebraucht wird. „Ich werde nicht nervös, nur weil ich umstellen muss. Es ist ja eh alles auf der Scheibe Ob es dann immer so aufgeht, ist natürlich eine andere Sache. Und wenn ich sagen würde, ich muss mich nie ärgern, wenn es nicht gleich so klappt, wie ich mir das vorgenommen habe, würde ich etwas flunkern.“
Ein Kämpfer mit Plan – für sich und für den Sport
Der Oberösterreicher ist kein Lautsprecher, sondern ein Macher. Einer, der nicht von Inklusion redet, sondern sie vorlebt. Einer, der zwischen Werkbank, Familienspagat und internationalen Turnieren alles gibt – für sich, für seinen Sport und für alle, die noch folgen werden. Mit bereits zwei Turniersiegen 2025 hat er bereits frühzeitig die Qualifikation für die nächste WM in der Tasche.
Wenn er über seine Zukunft spricht, klingt das nicht nach Wunschdenken, sondern nach realistischer Zielstrebigkeit: Top-8-Platzierung am Saisonende, WM-Titel, World-Cup-Start mit einem österreichischen Team. Und vor allem: mehr Sichtbarkeit und Anerkennung für Para-Darts in Österreich. „Es kommen immer mehr Spieler:innen dazu. Unsere WhatsApp-Gruppe wächst. Das ist das Schönste: zu sehen, dass sich was tut.“