Wenn Fouad Ambelj, besser bekannt als B-Boy Lil Zoo, sich etwas in den Kopf setzt, dann erreicht er das in der Regel auch.
Von seiner Heimatstadt Casablanca aus hat der Marokkaner die Breaking-Welt im Sturm erobert und gehört mittlerweile zu den Weltbesten seines Faches.
Dass will er auch bei seinem großen Ziel, den Olympischen Spielen 2024 in Paris, unter Beweis stellen und für Österreich – Lil Zoo wurde im Dezember 2021 eingebürgert – die Goldmedaille holen.
Im Interview spricht das Ausnahmetalent über seinen Weg, seine Ziele und die Sport Austria Finals.
Mittlerweile gehörst du zu den weltbesten B-Boys: Wann bist du zum ersten Mal mit Breaking in Berührung gekommen?
Lil Zoo: Das war 2008 in Casablanca, wo ich aufgewachsen bin. In unserem Land ist Fußball das Größte, Breaking hingegen kaum verbreitet. Als ich es dann zum ersten Mal probiert habe, habe ich mich sofort in Breaking verliebt.
Wann war für dich klar, dass du mit Breaking deinen Lebensunterhalt verdienen willst?
Lil Zoo: Nach drei Jahren habe ich schon fast alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Ich habe dann auch schon Geld verdient und mit meinen Eltern über die ganze Thematik gesprochen. Sie haben gesagt: „Wenn du nicht gut in der Schule bist und du spürst, dass dir Breaking gut tut, fokussiere dich zu 100 Prozent auf Breaking!“ Das habe ich dann auch gemacht.
Deine Eltern haben also immer an dich geglaubt?
Lil Zoo: Ja, absolut. In Marokko ist es oftmals schwierig, einen anderen Weg zu gehen. Die meisten Eltern meinen es zwar nicht so, aber sie verstehen es nicht, wenn du beispielsweise so wie ich professioneller B-Boy werden willst. Vor mir hat es kein einziger marokkanischer Tänzer geschafft. Meine Mutter war aber immer offen für meine Träume und heute ist sie natürlich superstolz.
Gab es für dich überhaupt einen Plan B?
Lil Zoo: Ich habe Breaking nie aus Geldgründen betrieben, sondern weil es meine Leidenschaft, meine Bestimmung ist. Ich liebe es einfach und es macht mich glücklich. Darum habe ich immer zu mir selbst gesagt: Entweder ich verdiene mal mein Geld damit oder ich habe einfach eine gute Zeit. Ich habe es nie bereut, diesen Weg gegangen zu sein, auch nicht, als ich kein Geld hatte. Mir hat es immer so viel gegeben.
Gab es zu Beginn einen Traum, den du im Kopf hattest? Etwas, was du unbedingt erreichen wolltest?
Lil Zoo: Mein Traum war es immer, Marokko auf die Landkarte des Breaking zu bringen. Zu meiner Anfangszeit gab es wie gesagt keinen marokkanischen B-Boy, der es international geschafft hat. Ich wollte zeigen, dass Marokko nicht nur gute Tänzer, sondern auch Gewinner hat!
Wie ist es eigentlich zum Namen „Lil Zoo“ gekommen?
Lil Zoo: Wir haben immer an einem Ort namens Little Zoo trainiert. Da ich eigentlich jeden Tag trainiert habe, wurde ich „der kleine Junge von Little Zoo“ genannt – also Lil Zoo.
Was macht für dich einen guten B-Boy aus?
Lill Zoo: Alles, was du machst, muss auf dem höchsten Level sein. Du musst originell, dynamisch und immer du selbst sein. Authentizität ist extrem wichtig.
Was zeichnet dich aus? Was macht dich so unique?
Lil Zoo: Ich glaube, es ist meine Energie und wie ich alle Elemente mixe. Bei mir siehst du komplett andere Sachen als jene, die du normalerweise siehst. Es gibt so viele B-Boys, so viele Tänzer – du musst aus der Masse herausstechen. Mit deinem ganz eigenen Style – und den habe ich.
Wie sehr hat deine Jugend in Casablanca deinen Stil geprägt? Es war, glaub ich, doch nicht das einfachste Umfeld, oder?
Lil Zoo: In Marokko startet im Prinzip jeder auf der Straße. Ich habe die ersten sieben Jahre meiner Karriere in Marokko verbracht und dort meinen Style entwickelt. Es gab in Marokko damals nicht die große Kenntnis über Breaking, deshalb haben wir es auf unsere Art und Weise gemacht. Und diese Art und Weise hat sich von dem abgehoben, was es bis dato in der Szene gab.
Wie sehr hat sich Breaking seit deinen Anfängen verändert? Oder ist es im Grunde genommen gleichgeblieben?
Lil Zoo: Es hat sich enorm verändert. Ganz lange Zeit hat es außerhalb der Szene keiner Ernst genommen. Mittlerweile wurde Breaking ins Olympische Programm aufgenommen. Und das ist erst der Anfang. Breaking wird immer größer und größer!
Wie präsent sind die Olympischen Spiele 2024 in Paris bei dir?
Lil Zoo: Das ist schon eine sehr aufregende Sache für mich. Und eine große Herausforderung! Wir sind eben mittlerweile nicht nur Tänzer, sondern professionelle Athleten. Das klare Ziel für Paris ist die Goldmedaille!
Steht die Hardcore-Szene dem professionellen Breaking mit striktem Reglement skeptisch gegenüber?
Lil Zoo: Ja, es gab und gibt in der Szene natürlich schon viel Skepsis. Aber im Breaking lernst du auch, dich zu adaptieren. Am Ende des Tages müssen wir einfach das nächste Level erreichen. Wir tanzen nicht nur und genießen diesen Lifestyle, sondern sind – wie bereits erwähnt – professionelle Athleten. Mit der Aufnahme ins Olympische Programm haben wir nun das bekommen, was wir auch verdienen. Jetzt müssen wir zeigen, was wir draufhaben!
Und du startest 2024 für Österreich, richtig?
Lil Zoo: Ja! Und ich bin sehr stolz darauf. Ich bin mittlerweile schon einige Jahre in Österreich und fühle mich auch schon als richtiger Österreicher bzw. als richtiger Tiroler. Nur mit der Sprache habe ich so meine Probleme. (lacht) Ich habe Österreich viel zu verdanken und immer tolle Unterstützung bekommen. Ich kann dank Österreich vom Breaking leben und auch meine Familie in Marokko unterstützen. Deswegen werde ich bei Olympia alles für Österreich geben, was ich habe. Wenn ich gut trainiere und verletzungsfrei bleiben, bin ich zuversichtlich, dass ich die Goldmedaille nach Österreich bringen kann!
In wenigen Wochen steigen die Sport Austria Finals: Was erwartest du dir von den Staatsmeisterschaften?
Lil Zoo: Ich habe die Staatsmeisterschaften ja vergangenes Jahr gewonnen und bin heuer der Gejagte. Es wird sicher nicht einfach, aber ich bin bereit!
Ist es für euch auch eine große Chance, Breaking einem noch größeren Publikum abseits der Hardcore-Fans näherzubringen?
Lil Zoo: Jeder B-Boy möchte sich vor einem großen Publikum beweisen. In Graz haben wir die Chance, einem ganz anderen Publikum unsere Skills zu zeigen. Die Leute werden dann besser verstehen, dass wir nicht nur am Boden rumkugeln und durch die Luft springen. Für uns ist es mehr als ein Sport. Physisch ist es natürlich ein Sport, aber was wir dabei denken, ist eine komplett andere Sache.
Wie sehen deine Zukunftspläne aus? Wie lange kann man Breaking auf höchstem Niveau ausüben?
Lil Zoo: Das hängt natürlich von deinem Style ab. Wenn du älter wirst, musst du deinen Style ändern bzw. dem Alter anpassen. Und auch wenn es dann nicht mehr für das professionelle Level reichen sollte, werde ich dem Breaking immer erhalten bleiben. Ich möchte mein Wissen weitergeben und unterrichten. Oder auch mal als Judge im Einsatz sein. Ich möchte einfach hautnah miterleben, wie groß Breaking noch werden kann.
Wir danken sehr herzlich für das Gespräch!